Blauer Spatz und sein kleiner Freund
Ich will etwas schreiben. Dabei geht es nicht darum, dass jemand diese Zeilen liest. Ich will nichts dokumentieren. Ich will keinen Ruhm und keine Kritik. Es geht mir ganz allein um diesen Moment und diese Worte. Im Hintergrund geht an meinem Rechner Rom unter. Ganz nah bei mir brennen zwei Kerzen, so dass sie das sich füllende bräunliche Blatt erhellen. Keine Wolken. Kein Mond. Es ist Nacht. Ich denke an einen kleinen blauen Spatz (ich weiß, Spatzen sind nicht blau) von dem ich gestern Nacht geträumt habe. Er hatte einen kleineren Freund, ich glaube auch ein Spatz. Es war ein großes Zimmer mit vielen Fenstern und viel Licht. Ich bin so beruhigt, dass diese Worte zusammenfinden. Eins zum Anderen. Eine kleine Geschichte. Eine Krankheit. Eine Welt. Eine Seele. Alles in diesen Zeilen. Es rührt mich zu Tränen. Dieser blaue Spatz und sein kleiner brauner, eher ockerfarbener, Freund (Die Erde hält mich fest, zieht an mir, liebt und beschützt mich- gerade jetzt- jeden von uns. Ja, vielleicht ist sie unsere Mutter. Eine großzügige, freundliche und geduldige Mutter, voller Liebe, die uns alles gibt, was sie hat.), also die beiden Spatzen, sie waren eingesperrt in einem schwarzen Hamsterkäfig mit Späne ausgelegt. Ich sollte auf die beiden aufpassen. Keiner hat es mir aufgetragen. Es waren nicht meine Spatzen. Ich kannte ja nicht einmal den Raum. Ich wußte einfach, ich wollte auf sie achten. Der blaue Spatz, das Spätzchen, seine Federn haben geglitzert und geschimmert. Er hat mich angeschaut aus diesem Käfig, in diesem weißen Raum mit den vielen Fenstern. Er war ganz still, hielt inne, ungewöhnlich für einen Spatz, der ja bekanntlich so ein jagendes Herzchen hat, er hielt inne, neigte seinen Kopf und schaute mich aus seinen schwarzen, tiefen Knopfaugen an: so freundlich, ich kann es nicht sagen, so gut, so ganz und gar selig und ohne jede Forderung, ohne Sinn, wie nichts anderes. Im nächsten Moment fiel ein schwerer Schrank auf den Käfig und ich war voller Sorge um die Spätzchen, für die ich doch sorgen wollte. Ich öffnete in meiner Verzweiflung die Käfigtüren und beide flogen (Gott sei Dank, sie flogen) aus der offenen Terrassentür. Mich überfiel das beengende Gefühl, dass die beiden Vögel hätten in dem Käfig bleiben sollen und mir viel nichts besseres ein, als sie zu rufen: Hey ihr Beiden, kommt doch bitte wieder zurück. Der Blaue kam zuerst, danach der Kleinere. Sie wollten nicht in den Käfig, ich musste sie etwas drängen. Vorsichtig. Dann saßen sie wieder in dem beschädigten Gefängnis und ich spürte, dass es nicht Recht war. Ich musste die Türen öffnen. Ich musste sie gehen lassen. Ja, und kaum hatte ich die Türen geöffnet, flogen sie auch davon. Der kleine ockerfarbene Spatz, der nicht viel gesagt hatte, und der schillernde Blaue. Sie flogen heraus und kamen wieder um dann ganz davonzufliegen. Ich wusste aber, ich glaubte vielmehr, sie würden wiederkommen um uns zu besuchen.
Jetzt weiß ich, das Spätzchen, das Gute, war Meer und Ozean, warm und kalt, Erde, Feuer, Liebe, Tod. Es war Freundschaft und Licht, die rührende Sonne und ein in ihrem Licht funkelndes Springfischlein im Amazonas. Ja, es war Fluß und Leid, Musik, Mensch und Tier - es war die große, unfassbare Weltenseele, es war das, was ist, es war diese Zeilen, das woher wir kommen und wohin wir gehen und es rührt mich, dass es gut ist und nicht verlangt, dass es blau ist und glitzert, so unglaublich mächtig, gleichwohl so zart und dass es mich einen Moment angeschaut hat - Bewusstsein, Meditation. Und ich bin froh, dass ich es gehen lies, sonst wäre ich kein Teil mehr von ihm, von uns, keine Liebe und kein Licht. Aber ich weiß jetzt, ich kann verkünden: wir sind Gott, der Moment ist Gott, Gott ist überall und Gott ist gut. Das, was ist, ist unergründlich, ganz und gar wunderbar. Und es wäre nicht, ohne dich.
chaoskruemel am 13. März 12
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